So, ich habe mal alles zusammen gepackt
und antworte so, wie es mir durch den kopf geht.
>>"So, ein Kind lässt sich aber nicht nach festen Zeiten ausrichten...........ist eben halt ein Kind."
Da bin ich ganz anderer Meinung. Jedes Kind lernt, dass es feste Zeiten für bestimmte Dinge gibt. Z. B. Schulbeginn, Essenszeit, die Tanzstunde auch viele andere Dinge.<<
jaaa. aber - wenn alles in unserem leben fest ausgerichtet ist, dann fehlt die lücke zu spontanität. denn dafür kann man nicht auch eine zeit einteilen. es gibt feste zeiten, aber nicht der ganze tag eines kindes sollte genaustens verplant sein. ungeplante zeiten sollten nicht nur zeiten sein, in denen das kind auf sich gestellt ist. der tag voller pflichten und uhrzeiten kommt noch früh genug, der tag, an dem man auf sich gestellt ist, auch. eine gesunde mischung macht's.
das andauernde einteilen untergräbt die eigene entwicklung, die selbstfindung, die kreativität, die phantasie. feste zeiten sind auch eine art der unterwerfung.
kinder müssen nicht 24 stunden "sinnvoll" leben. man sollte sehr vorsichtig sein bei dem versuch, ein erwachsenenleben auf das eines kindes zu übertragen. andersherum dagegen ist's kein problem.
das wirft bei mir immer die frage auf, warum so viele darauf aus sind, ihre kinder zu erwachsenen zu erziehen, anstatt sie kind sein zu lassen. alles zu seiner zeit. ein terminkalender und den grossen schreibtisch für den manager, die wolken, den bach und das gras für das kind.
>>Ganz einfach. Dann gibt es andere Bezugs- und Vertrauenspersonen, die dem Kind die Aufmerksamkeit schenken. In der Schule der (Vertrauens)lehrer/ der Betreuer oder die Oma in der Nachbarschaft oder auch schon mal der babysitter, der gerne von ihr in Anspruch genommen wird. Für ein Kind ist es auch wichtig zu lernen, dass das Leben nicht immer ein Wunschkonzert ist und augenblickliche Bedürfnissbefriedigung nicht immer möglich ist. <<
es ist von vorteil, wenn kinder mehrere bezugspersonen haben - so weit richtig. aber vertrauenspersonen ? es gibt eine mama, und einen papa. in den 60ern hat man den fehler gemacht mama und papa gegen tina und michael zu ersetzen. inzwischen ist es jedem klar wo der fehler liegt. tinas und michaels wird das kind in seinem leben noch viele kennen lernen, mama und papa gibt es nur ein mal. wenn mein kind mich als elternteil fordert, weil es zu mir vertrauen hat, dann ist es ein ding der unmöglichkeit es zu anderen "bekannten" zu schicken. das ist ein schlag ins gesicht, und ein riss in der basis. es spielt keine rolle, ob die anderen sich mit dem kind beschäftigen wollen, ob sie ein offenes ohr haben, ob sie super mit kindern umgehen können, ob sie das kind von klein auf kennen, es spielt eine rolle, wem sich das kind anvertrauen möchte. das hat mit wunschkonzert wenig zu tun.
es gibt einen unterschied zwischen bezugsperson haben und herum gereicht zu werden. und auch wenn erwachsene es nicht so empfinden, kindern nimmt man dadurch ihren halt.
das wort bedürfnisbefriedigung ist aber im bezug auf probleme und erlebnisse und dem daraus resultierenden mitteilungsbedürfnis eines kindes eine ganz hässliche (und fehlplatzierte) umschreibung.
es kann sein, das du die dringlichkeit eines kartoffelkäfers nicht mehr erkennst, weil du dich gerade mit den problemen des irakkrieges auseinandersetzt. aber wenn es so weit ist, das du das interesse des kindes (und damit seine welt) dahinter nicht mehr erkennst, dann hast du jegliches gefühl für kinder verloren. ein kartoffelkäfer kann durchaus wichtiger sein, es kommt immer auf die perspektive an. wenn du versuchst deinem kind stelzen anzuschrauben, damit es deine sicht der (wichtigen ?) dinge bekommt, dann kann es unter umständen tief fallen. wenn du dich ab und zu mal bückst tust du dir nicht weh.
>>
"Aber klar, in der heutigen Zeit muß ja alles unter einen Hut passen, die Erziehung der Kinder, die Berufstätigkeit von beiden Eltern, und und und..."
Genau. Besser ist es, wenn alle zufrieden sind! Auch die Eltern, damit sie viel Zufriedenheit an die Kinder weiter geben können <<
aber in diesem fall ist das kind wohl nicht zufrieden mit der situation. es ist schön, das ihr euer leben nach eurem bedarf und gefühl ausgerichtet und eure zeit fest eingeteilt habt, und damit am besten fahrt. leider bleibt da einer der familie auf der strecke. und sorry - für ein kind hat der erwachsene zurück zu stecken. denn erst wenn mein kind zufrieden ist geht es mir gut.
die fremdtoleranz schenk ich mir ;-)
>>Die Problematik ansich ist für mich neu, da ich zurückliegend wenig mit Kindern zu tun hatte. Du hast aber recht. Ich bin Pädagoge, doch hatte ich bisher nur mit Erwachsenen zu tun. Da ich die Kindererziehung als eigenständigen Bereich sehe, dem ich in meinem Studium nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt habe, möchte ich mir gerne Anregungen von außen holen. Berufsbedingt sind mir alle wesentlichen pädagogischen Handlungsweisen bekannt, doch fehlen mir Erfahrungen im Umgang mit Kindern. Deshalb bin ich auch hier. <<
hui, das wird jetzt schwierig. wäre eher eine gesprächsrunde als ein posting. egal, ich versuche es.
du bist psychologe. es hat einen besonderen reiz für dich den dingen auf den grund zu gehen. wie so viele der psychologen gehst du immer weiter, immer tiefer. du versuchst, das innere des menschen nach aussen zu drehen. du hast so viele verschiedene normen und formen gelernt, du wühlst in den tiefen - aber manchmal findet man da unten gar nichts. ;-) - da ist man am problem schon lange vorbei. nicht alles muss in vergangenheit und zukunft durchleuchtet werden, um zur gegenwart zu werden. du übersiehst das offensichtliche.
seien wir ehrlich, vielen leuten wird durch psychologen geholfen. da gibt es situationen, mit denen man einfach nicht klar kommt, die so neu sind und so unfassbar, das ein anderer erst mal für einen denken muss, damit man es versteht.
nun gut, und dann gibt es menschen, die mögen nicht über sich selbst nachdenken, und lassen das lieber andere für sich erledigen. da man muss den leuten nur lange und überzeugend genug erklären woran es liegt.
um auf den punkt zu kommen: du kannst einem menschen auch das gefühl der unsicherheit geben, sei es durch deine art, eine geste oder eine bestimmte satzstellung. du kannst einem menschen auch einreden, das er in seiner situation unsicher zu sein hat.
du ziehst die vergangenheit des kindes heran, und bist davon überzeugt, das es gar nichts anderes als wenig selbstwertgefühl haben kann (angelesen oder von sich selbst abgeleitet, das spielt keine rolle). auch solche gedanken übertragen sich, ob durch deine mimik, gestik oder unsicherheit. womit wir beim thema reflektion wären.
man muss nicht psychologie studieren um menschen zu verstehen, man muss den einzelnen menschen ansehen. jeder ist ein eigenes lehrbuch. sicherlich gibt es muster, kann man linien ziehen. aber im umgang mit den menschen, mit denen man zusammen lebt, sollte man auf sich selbst hören - wenn man sich noch hört.
ich kann noch so viele bücher über kindererziehung lesen, keines ist speziell für mein kind geschrieben. und dinge, die bei mir funktionieren können bei meinem kind das gegenteil auslösen. die meisten vertauen auf ihren instinkt, und sehen ihr kind. und fahren damit am besten. denn all die schlauen menschen mit ihren büchern kennen mein kind doch gar nicht. ich will es ja nicht verbiegen und zu einem ihrer kinder machen - auch wenn sich das ganz toll liest.
>>muss ich erst mal sagen, dass ich ein eher strukturierter Mensch bin, der auch gerne sein Leben organisiert. <<
du kannst dir aber schon vorstellen, das nicht jedem deine art zu leben liegt ? das andere anders glücklicher wären ? wie sieht es mit der kleinen aus ? muss sie so leben weil ihr so lebt, oder ist das auch ihrem charakter entsprechend ? ansonsten zwingt ihr sie in ein verhaltensmuster, das ihr nichts gibt. und warum sollte ein kind - ein eigenständiger mensch mit eigenem charakter, eigenen vorlieben, abneigungen, stärken und schwächen - ein verhaltensmuster eines anderen annehmen ? kompromiss heisst die devise, und das bedeutet nicht ein kompromiss, mit dem nur ihr erwachsenen gut leben könnt. um dem kind zu zeigen, das nicht immer alles im leben so geht wie man möchte muss einem erst mal das gleiche passieren *ggg*. also mit gutem beispiel über den eigenen schatten, das denken, nachdenken, überdenken und weiterdenken mal ab und an ausschalten, und leben.
>>Der ältere Bruder (5. Klasse Gymnasium) fordert insgesamt sehr viel Aufmerksamkeit, da er für die Schule viel Unterstützung braucht. Da wir beide arbeiten und ich nicht immer da bin, ist die Zeit begrenzt. Deshalb haben wir schon feste Zeiten eingerichtet, die nur für die Tochter da sind. Hier kann sie mit uns (oder einem) spielen und maßgeblich entscheiden, was wir unternehmen.<<
ja, hier hast du ganz am anfang schon die ursache aufgeschrieben. du wirst doch nicht erwarten, das eine sechsjährige all das einfach so akzeptiert ? freu dich, das sie reagiert, denn so kann man den "verursacher" schnell finden. diesen absatz solltest du in ruhe analysieren, dann sollte dir der weitere weg schon klar sein.
oder, wenn du es nicht siehst, es wird ein grosses augenmerk auf die hausaufgaben/schulleistungen des jungen gerichtet, in der familie werden die hausaufgaben des mädchens aber ignoriert. ok, klingt hart, aber genau so wird die kleine es sehen. also fordert sie euch auf, euch zu kümmern. ich finde ihre art der "problemlösung" (wie bekomme ich sie zum gucken und kümmern ?) gar nicht mal unpfiffig. sie macht sich und ihre schule "interessant" für euch. sicher ist das nicht der beste weg (aus eurer sicht), aber funktionieren tut er allemal. :-)
es sieht so aus, als müsstet ihr auch in diesem punkt mehr auf sie eingehen.
ein ansatz könnte eine hausaufgaben-/schülerhilfe für den grossen sein. so machen beide einen teil ihrer aufgaben ausser haus, und euch bleibt mehr zeit auf die bedürfnisse beider kinder einzugehen. auch wenn es nicht so wichtig ist, was kinder in der ersten klasse machen - für das kind spielt es eine grosse rolle. das erste schuljahr ist ein erster grosser schritt in die selbstständigkeit, das sollte man erkennen, und dem entsprechend reagieren/interesse zeigen. wobei interesse nicht immer nur mit lob und unterstützung zu tun hat. ehrlichkeit dem kind gegenüber ist wichtig. kommt nur drauf an, wie man es am besten verpackt - das ist von kind zu kind verschieden.
>>
Ich möchte gern etwas über die möglichen psychologischen Ursachen erfahren und muss vermutlich doch zur Beratung.<<
eventuell nicht der schlechteste ansatz. aber vielleicht erst allein, nur die erwachsenen mit ihrem "konzept". und dann zusammen. nicht immer müssen die auslöser beim kind sein. na ja, ehrlich - meist sind sie nicht beim kind zu finden, sondern im umfeld.
klar setzt die trennung jedem kind zu. aber auch da kommt es viel auf die erwachsenen an. wird die trennung totgeschwiegen ? redet man über den papa ? oder ist alles, was vergangenheit betrifft, tabu ? gab es die ausflüge nicht, das familienleben vor der trennung ? oder war die trennung etwas, das angst macht auch noch den anderen elternteil zu verlieren ? die meisten kinder wollen reden, finden aber den ansatz nicht. da gehört viel fingerspitzengefühl zu. sich da hilfe zu holen kann ich gut verstehen.
tja, so sieht es aus: mehr auf das kind und seinen tagesablauf eingehen, mehr spontanität, weniger regelwerk, erforschen ob trennungsängste vorhanden sind, die eifersucht als eben das zu akzeptieren, was sie ist (ein kind lernt allein, seine gefühle zu beherrschen - später mal. mit sechs können sie noch in einer sache völlig aufgehen, niemals wieder werden sie sich so freuen, leiden, sehnen - und oft genau so schnell vergessen), und vieles mit mehr humor nehmen und ohne es bis zum grund zu analysieren. das leben lässt sich nun mal nicht bis in die hinterste ecke planen - weisst du doch bestimmt *ggg*
lg, andrea